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Nès Joëssel

Daniel Knorr

Interview

»Ihre Arbeiten könnte man sogar auf der Documenta zeigen.«

Gespräch mit Daniel Knorr anlässlich der Preisverleihung

 

Herr Knorr, 2017 war für Sie ein ganz besonderes Jahr. Es gibt wohl kaum einen größeren Schritt als Künstler, als erstmals auf der Documenta auszustellen. Mit Ihrer Rauch-Installation haben Sie ja – das macht es nochmals spezieller – ein Werk ausschließlich für die Ausstellung geschaffen. Ihr Fazit?

Es war definitiv eine Herausforderung. Wenn Du eine solche Arbeit entwickelst, weißt Du, dass Du alles herauskitzeln musst, dass etwas erwartet wird, was außerhalb dessen liegt, was man kennt. Außerhalb der Ausstellungspraxis und außerhalb dessen, was die Messe bis dahin gezeigt hat. Und dann war es noch eine ganz spezielle Documenta.

 

Weil sie erstmals in Kassel und Athen stattfand?

Genau, das war eine ganz andere Kulisse. Du stehst in Athen und  findest all die Dinge nicht, die die Documenta eigentlich ausmachen: Kein Fridericianum, keinen KulturBahnhof. Ich fand das spannend, wie sehr man neuen Orten mit einer Vorstellung anderer Orte begegnet. Dass man versucht, wiederzuerkennen, was es am neuen Ort gar nicht geben kann. Nur, weil »Documenta«, also der gleiche Name, darüber steht.

 

War Athen ein Erfolg?

Es war wichtig, dass es diesen Bruch gibt, weil über die Jahre eine Verkrustung eines Systems stattgefunden hat. Das sieht man daran, wie sehr man immerzu irgendwelche Faktoren verglichen hat mit dieser und jener Documenta zuvor: Wie viele Leute kommen, wie viele Betten belegt sind, wie viele Taxis fahren – das neue Setting war die Chance, mit diesen Mustern zu brechen.

Mit »Mustern brechen« – das haben Sie mit Ihrer Kunst auch getan. Indem Sie im Endeffekt heiße Luft erzeugt haben.

Ja, heiße, sichtbare Luft: Manchmal ein bisschen weniger sicht- bar, manchmal mehr, manchmal in Form von Wolken, manchmal wie ein Fabrikschlot – je nachdem, wie der Wind wehte. Insofern hat jeder Moment auch die Bedeutung der Arbeit verändert.

 

Ihre Installation wurde sehr viel diskutiert – was war das interessanteste Feedback?

Die Entwicklung des Feedbacks: Anfangs haben viele Leute bei der Feuerwehr angerufen, um einen Brand zu melden. Später haben sich dann Menschen gemeldet, weil sie bemerkt hatten, dass der Rauch ausbleibt. Bei Monopol habe ich das gelesen, glaube ich: »Die Menschen sind beunruhigt, weil der Rauch fehlt.«

 

Weil es nur zu Öffnungszeiten der Documenta geraucht hat...

Genau, und das zeigt, wie sehr man sich an Kunst gewöhnt, gerade, wenn sie auf einem so archaischen kulturellen Code wie Rauchzeichen basiert.

 

Nun wechseln Sie die Seite – werden vom Künstler zum Laudator. Noch eine neue Erfahrung in 2017. Warum ist Ihre Wahl auf Nès Joëssel gefallen?

Nès kommt aus der Theaterwelt und hat noch nie ausgestellt. Aber das, was sie tut, ist faszinierend: Das Übernähen von Malerei – das ist eine ganz besondere Form des Übersetzens und Erklärens. Zeitsicht erschien mir da genau als die richtige Plattform, damit die Menschen die Möglichkeit haben, so etwas Tolles einmal zu sehen.

 

Woher kannten Sie sich?

Über meine Freundin – wir waren zusammen Kaffee trinken, haben über Kunst gesprochen und uns dann ihre Arbeiten bei ihr zuhause einmal angeschaut. Sie hat nie darauf hingearbeitet, eine Ausstellung zu machen.

Ich habe mich früher übrigens auch immer davor gesträubt: Künstler zu sein, ist kein Beruf. Man ist außerhalb der Gesellschaft. Man beobachtet, interpretiert, tut, was man tun möchte. Aber so richtig dazu gehört man nicht. Denn es fehlen die Kanäle – Interviews, wie Ihres hier, oder eben Ausstellungen. Für Nès muss man einen Kanal schaffen, das war mir sofort klar. Sie ist jemand, der absolut bereit ist für den Eintritt in den Ausstellungsorbit.

 

»Orbit«?

Ja, die erste Ausstellung ist schon ein ganz besonderer Schritt. Ich bin sehr gespannt, wie beide Seiten damit zurechtkommen. Aber ich glaube an sie, weil sie die Qualität hat. Ihre Arbeiten könnte man sogar auf der Documenta zeigen.

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